3. Brand vom 24. Dezember 2019

Text: aus dem «Jahrbuch des Oberaargaus 2020»

Detaillierter Bericht & weitere Bilder im «Jahrbuch des Oberaargaus 2020»

Bestellung online möglich unter www.jahrbuch-oberaargau.ch/bestellen

Autor: Herbert Rentsch

Bilder: Michael Wüthrich, André Schärer, MuriBaer AG

 

Fürs Dorf war der Brand am christlichen Feiertag ein Schock - ganz besonders, weil die Kirche genau ein Jahr zuvor nach einer umfassenden lnnenrenovation an Heiligabend wieder geöffnet worden war. 365 Tage später begann das Unheil bereits am Morgen. In Buchsi war es nebelverhangen. Erst nach 7.30 Uhr wurde es hell. Etwa um 8 Uhr bemerkten Einwohner Rauchschwaden am Kirchturm. Doch schon Stunden zuvor musste es gebrannt haben. Die Feuerwehr wurde um 8.04 Uhr alarmiert. Wenige Minuten danach waren die Einsatzkräfte am Brandplatz. Zur Feuerwehr Buchsi-Oenz kamen die Feuerwehren Thunstetten-Bützberg und Langenthal, später für die Brandwache noch die Feuerwehr Goldisberg. Aus den schmalen Turmfenstern drang immer wieder Rauch nach draussen. Im Schneetreiben und Regen versuchten die Männer und Frauen, den Brand zu löschen. Aus Sicherheitsgründen war dies nur von aussen möglich. Stundenlang quoll der Rauch in den Himmel und löste bei den Menschen im Dorf ein beklemmendes Gefühl aus. Nach dem Mittag dann die Erleichterung: Der Rauch hatte sich verzogen, der Brand im Kirchturm schien unter Kontrolle. Doch gegen 19 Uhr quoll erneut Rauch aus dem Turm. Die Feuerwehren Buchsi-Oenz und Langenthal waren rasch wieder vor Ort. Bald schlugen Flammen ganz oben aus dem Turm. Es brannte stundenlang. Pausenlos spritzte die Feuerwehr Wasser, doch das Feuer war zu weit oben und daher nicht zu löschen. Nachdem der Turmhelm ins Kirchenschiff gekracht war, löschten die Feuerwehren auf beiden Seiten der Kirche von zwei Drehleitern und mehreren Wasserwerfern aus. Zusätzlich wurde auf

der Ostseite des Kirchendachs ein Zugang geöffnet, durch den ein Löschen mittels Innenangriff im Dachgeschoss möglich wurde. Zum Glück war die Spitze nicht bis zuunterst in den Chor der Kirche gefallen, sondern auf dem Holzboden darüber liegen geblieben. Bis kurz nach 1 Uhr gelang es, die Brände im Kirchenschiff und am Turm zu löschen. Kleinere Glutnester wurden noch bis am nächsten Vormittag bekämpft.

 

Christoph Tanner. Präsident Kirchgemeinde Herzogenbuchsee:

«Ich traf am Morgen kurz nach 8 Uhr bei der Kirche ein und verfolgt die Löscharbeiten. Gegen Mittag hatte ich ein gutes Gefühl. Der Turm war zwar ausgebrannt, aber das Kirchenschiff unversehrt geblieben. Am Abend, als ich erfahren hatte, dass es erneut brannte, war ich besorgt. Die Feuerwehrleute arbeiteten aber ruhig und professionell. Als das Feuer nicht zu löschen war, wurde es kritisch. Man musste mit dem Absturz des Turmhelms rechnen. Etwa um 21 Uhr gingen einige Männer des Zivilschutzes und ich nochmals in die unversehrte Kirche und brachten das Abendmahlgeschirr, die grosse Bibel und die Krippenfiguren in Sicherheit. Als später die Turmspitze brach und ins Kirchendach einschlug, war es wie ein Vulkanausbruch. Ich dachte, jetzt liegt der Turm unten im Chor, und die ganze Kirche brennt. Das unheimliche Krachen habe ich noch jetzt in den Ohren.»

 

 

Simon Schär. Kommandant Feuerwehr Buchsi-Oenz:

«Wegen der unsicheren Statik und der Rauchentwicklung konnte am Abend niemand in den Turm. Wir löschten ausschliesslich von aussen. Vom Glockenstuhl gab es nur einen kleinen Durchgang zur Spitze, und auch wegen des Kupferdachs brachten wir kein Wasser zu den Flammen. Es war absehbar, dass die Spitze fallen würde, aber unklar, wann und wohin. Daher wurden die Gebäude ringsherum evakuiert. Dazustehen und zusehen zu müssen, wie die Spitze brannte, war für uns schwierig und frustrierend. Am besten wäre es gewesen, wenn die Turmspitze einfach ausgebrannt und in sich zusammengefallen wäre.»

Schon am Vormittag stand der Buchser Kirchenbrand im Fokus der Medien. Verschiedenste Onlineportale vermeldeten das Geschehen, und in den Nachrichten der Radiostationen stand die Meldung bald an erster Stelle. Bilder der rauchenden Kirche kursierten im Internet. Wie immer in ähnlichen Fällen hatten Passanten rasch reagiert und Handyfotos ins Netz gestellt. Der Grund des medialen Interesses lag auf der Hand: Die Weihnachtstage sind von jeher informationsarm, die Politik ruht, grössere Unglücke hatten sich nicht ereignet. Zudem hatte das Feuer in Herzogenbuchsee das Potenzial für besondere News, denn dass ausgerechnet am Tag von Heiligabend eine Kirche brannte, war aussergewöhnlich. Um 18 Uhr brachte der Sender Telebärn einen längeren Beitrag, und auch die Tagesschau von Fernsehen SRF berichtete. Zwei Tage lang standen mehrere Buchser im Fokus der Medien. Insbesondere Kirchgemeindepräsident Christoph Tanner, Gemeindepräsident Markus Loosli und auch Regierungsstatthalter Marc Häusler gaben den Reporterinnen und Reportern Auskunft.

Am Morgen des Weihnachtstages bot sich ein trauriges Bild der Kirche. Der Turm stand als gekürzter Stumpf da, zuoberst ragten verbrannte Balken in den Himmel - der Rest der Holzkonstruktion, welche den Helm getragen hatte. Im Dach des Kirchenschiffes klaffte beidseits des Firsts ein breites Loch, wo die brennende Turmspitze sich durch Ziegel und Balken gebohrt hatte. Bereits vor 9 Uhr stand ein Kran auf dem Kirchhügel. Am Ausleger wurde ein Arbeitskorb herunter gelassen, aus dem zwei Männer den Brandschutt oben am Turm wegräumten. Es galt unter anderem, die Reste der Kupferbedachung zu entfernen, die abzustürzen drohten. Es herrschte ein reges Treiben rund um die Kirche. Vor den Absperrungen standen Menschen, die sich den Brandplatz aus der Nähe anschauen wollten. Wieder waren Medien vor Ort. Nach dem nächtlichen Brand hatte sich die Aufmerksamkeit vom Vortag noch verstärkt. Wieder befragten die Journalistinnen und Journalisten Anwohner, Zuschauer und Behördenvertreter. Auf dem Kirchendach begannen Handwerker, ein Notdach aufzuziehen. Plastikplanen sollten künftig das Eindringen von Regen oder Schnee in die Kirche verhindern. Dort drinnen schienen die Schäden nicht allzu gross zu sein. Auf dem Boden lagen zwar Gipsteile, die von der Decke heruntergefallen waren, doch sonst war der Raum intakt geblieben. Die Orgel - vor anderthalb Jahre renoviert - hatte äusserlich nicht Schaden

genommen. Erst später stellte sich heraus, dass Löschwasser durch Lüftungskanäle ins Instrument gelangt war. Eine erneute Restaurierung mit dem Ausbau aller Pfeifen wurde nötig. Die Aussenmauern des Kirchenschiffs waren vom Wasser durchtränkt, was bei tiefen Temperaturen zu Frostschäden geführt hätte. Deshalb war klar: Die Kirche musste eingerüstet und die Mauern getrocknet werden. Noch hingen im Kirchturm die vier Glocken. Der mit Eisenträgern verstärkte Betonboden hatte verhindert, dass sie in den brennenden Turm stürzten. Der Glockenstuhl war jedoch stark beschädigt, das Stahlgerüst durch die Hitze verformt, und auch die Glockenlager hatten Schaden genommen. Beides würde ersetzt werden müssen. Das alte mechanische Uhrwerk mit seinen eisernen Zahnrädern - bis zum Brand hatte es noch immer die Zeiger bewegt - war hingegen rund 20 Meter abgestürzt, als der Holzboden verbrannte: Totalschaden. Die Zeiger der Turmuhr standen, wie schon tags zuvor, auf 6.50 Uhr. Die Buchser würden die Zeit dort lange nicht mehr ablesen können.

 

Nach dem Brand gingen die Sicherungsarbeiten weiter. Der Kirchgemeinderat traf sich am 27. Dezember zu einer Sitzung, um die Planung festzulegen. Eine Projektgruppe für die Sanierungsarbeiten wurde zusammengestellt. Die Leitung übernahm Kirchgemeinderat Richard Kauer. Er hatte schon 2018 die damalige Gruppe präsidiert. «Wir standen ziemlich genau dort, wo wir vor anderthalb Jahren begonnen hatten», erinnerte er sich. Einziger Vorteil: Für die Arbeiten konnte nicht nur der gleiche Architekt herangezogen werden wie damals, auch die Baufirmen waren fast alle die gleichen wie bei der Renovation von 2018. Bald stellte sich heraus, dass doch einiges mehr saniert werden musste, als zuerst vermutet. In der Kirche wurden die Decke und die vor einem Jahr eingebaute Isolation komplett entfernt und neu eingebaut. Die Aussenwände wurden eingerüstet, mit Plastik verpackt und wochenlang mit Warmluft getrocknet. Im Turm waren die verbrannten Treppen und Böden zu entsorgen. Der rauchgeschwärzte Innenverputz wurde entfernt, ein Gerüst eingebaut und zuoberst ein Notdach errichtet, das selbst den Winterstürmen trotzte. Am 4. Februar 2020 wurden die Glocken, die im Feuer gehangen hatten, mit einem Kran aus dem Turm gehoben.

 

Ausser der leichten Verletzung eines Feuerwehrmannes waren keine Menschen zu Schaden gekommen. Gebäude- und Mobiliarversicherungen deckten die Brandschäden. Die Wiederherstellung der Kirche wurde auf 3, 7 Millionen Franken veranschlagt. Die Kirchgemeinde rechnete mit Kosten von etwa 600'000 Franken - vor allem wegen Arbeiten, die eigentlich später ausgeführt werden sollten wie beispielsweise an der Fassade und am Dach. Weil die Kirche eingerüstet war, wurden sie vorgezogen. Nach dem Brand hatte es eine Spendenaktion gegeben, welche rund 40'000 Franken einbrachte. Der Kirchgemeinderat beschloss, diese Summe für eine Skulptur einzusetzen, die ein Künstler aus Restteilen des Kupferdachs anfertigen würde. Diese sollte auf dem Kirchhügel an den Brand erinnern. Die Brandursache konnte nicht genau ermittelt werden. Die Untersuchung ergab, dass entweder eine brennende Kerze oder ein Defekt der elektrischen Anlage unten im Turm das Feuer entfacht hatte. Kurz nach dem Brand gab der Kirchgemeinderat bekannt, dass die Arbeiten an der Kirche bis an Weihnachten abgeschlossen sein sollten. Noch im Sommer hielten die Verantwortlichen an diesem Ziel fest. Ob der Turm bis dann fertig sein würde, war noch nicht sicher. Die Kirchgänger innen und Kirchgänger von Herzogenbuchsee würden demnach an Heiligabend 2020 den Gottesdienst wieder in der Kirche feiern können. 

 

Anmerkung: Die Arbeiten liessen die Wiedereröffnung der Kirche für Weihnachten 2020 wieder zu, allerdings wurde der Anlass durch die Corona-Pandemie überschattet. Die im Frühjahr 21 geplante Einweihungsfeier fand infolge der Pandemie-Massnahmen erst später im Jahr statt.

Brand und Wiederaufbau

D’CHILE BRÖNNT!
Blitzschnell machte diese Meldung die Runde im Dorf. Es brannte im Turm, am Morgen des 24. Dezembers 2019.

So beginnt die Geschichte - die Sirenen der Feuerwehr unterbrachen jäh den letzten Schliff der weihnächtlichen Vorbereitungen.  Die Schlagzeilen in Radio, Fernsehen, Online- und Printmedien der Weihnachtstage 19 verbreiteten die Nachrichten im In- und Ausland. Die Bilder vom einstürzenden Kirchturm prägten sich tief in die Erinnung vieler Buchserinnen und Buchsern.

In eindrücklichen Bildern und lebendigen Texten werden Brand und Wiederaufbau in diesem einmaligen Buch dokumentiert. Ein einschneidendes Ereignis in der Geschichte der "Kirche der Bergpredigt" und für alle, die mit ihr verbunden sind.

Herausgeber: Evangelisch-reformierte Kirchgemeinde Herzogenbuchsee, Bilder: Michael Wüthrich / Texte: Bernhard Manz

Preis Fr. 29.- (plus evt. Versandkosten), erhältlich direkt im Sekretariat der Kirchgemeinde. Online bestellen: sekretariat@ref-kirche-herzogenbuchsee.ch 

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